Einige unserer Klassen werden nach dem Churermodell unterrichtet. Eine Klasse stellt vor, was das bedeutet:
Unser Unterricht nach dem Churermodell
„Hier sieht es ja toll aus! Ist das wirklich ein Klassenzimmer? Die Tische schauen ja gar nicht zur Tafel? Kann man so lernen?“ –
Das hören wir ganz oft, wenn jemand unser Klassenzimmer betritt.
„Ein Kind hat drei Lehrer: Der erste Lehrer sind die anderen Kinder. Der zweite Lehrer ist der Lehrer. Der dritte Lehrer ist der Raum.“
(Schwedisches Sprichwort)
Wir arbeiten nach dem Churermodell. Das ist ein Unterrichtsmodell, das in der Schweiz entwickelt wurde. Eigentlich kommt es aus der Grundschule und sollte den Kindern durch die Gestaltung des Raumes und der Lernaufgaben den Übergang aus dem Kindergarten in die Schule erleichtern. Vieles davon hat sich bereits bewährt und kann auch auf höhere Klassenstufen übertragen werden. Zum Churermodell gehört aber nicht nur das Umstellen des Klassenzimmers. Vielmehr stellt es das Lernen in den Fokus. Dazu gehört auch mehr Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Schüler und Schülerinnen. Wir möchten kurz vorstellen, wie wir das in der Klasse 5a umsetzen.
Wieso sind die anderen Kinder Lehrer?
Wir sind ein Team und wir lernen voneinander und miteinander. Wir tauschen uns regelmäßig über Gelerntes aus und diskutieren auch über das Lernen an sich. Unseren Lernpartner und unseren Sitzplatz können wir in unserem Unterrichtsmodell frei wählen. Dazu gehört, dass man sich darüber Gedanken macht, wo und mit wem man am besten lernen kann. Vielleicht möchte man in Englisch noch mal von einem Englischprofi etwas erklärt bekommen, während man sich in Deutsch lieber ganz für sich auf seinen Text konzentriert. Regelmäßig finden bei uns Lernclubs statt. Am Mathelernclub können wir nach Absprache freiwillig teilnehmen und uns von Mitschülern, die sicher im aktuellen Thema sind, die Lerninhalte noch mal erklären lassen. Im Gespräch mit unserer Lehrkraft finden wir gemeinsam heraus, was für uns gut oder weniger gut funktioniert. Rückschläge gehören natürlich auch mal dazu. Aber Übung macht den Meister und Fehler sind unsere Freunde, denn aus ihnen können wir lernen!
Wieso ist der Raum ein Lehrer?
Uns ist eine lernförderliche Atmosphäre mit viel Licht, angenehmen Farben und die Möblierung wichtig, denn positive Emotionen sind erwiesenermaßen Voraussetzung für nachhaltiges Lernen. Da wir unseren Lernort und -partner frei wählen können, brauchen wir auch die Möglichkeit uns dementsprechend im Klassenzimmer für die Arbeitsphase einzurichten. Wenn ich mich leicht abgelenkt fühle, kann es für mich sinnvoll sein, wenn ich einen Tisch wähle, der gegen die Wand ausgerichtet ist. Auch die Sichtschutzwände schützen vor Störungen, gleichzeitig kann man an ihnen wichtige Infos und Notizen befestigen, was sie sehr beliebt macht. Außerdem müssen nicht alle ständig an die Tafel sehen, dafür reichen uns die Inputphasen im Sitzkreis, in denen uns neue Lerninhalte erklärt werden. Hefteinträge gestalten wir selbst oder wir können sie am iPad abschreiben. Wir haben in der Mitte einen großen, runden Tisch. Dort finden öfter Einzel- oder Gruppenberatungen statt.
Struktur ist uns wichtig, deshalb haben wir im Klassenzimmer Stationen für die verschiedenen Fächer. Wir arbeiten individuell an unseren Baustellen und hier finden wir zusätzliche Lern- und Übungsangebote und können uns selbständig bedienen. Dabei lernen wir auf andere Rücksicht zu nehmen, wenn wir uns Material holen. Wir lernen auch flexibel umzuplanen, zu teilen oder Geduld zu haben, wenn zum Beispiel gerade ein bestimmtes Lernspiel von jemand anderem gebraucht wird.
Was macht eigentlich der Lehrer in so einem Unterrichtsmodell?
„Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss.“
(Johannes Conrad)
Ein solches Unterrichtsmodell heißt nicht, dass alles im Laissez-faire-Stil abläuft. Auch wenn wir selbstbestimmt und eigenverantwortlich lernen, bleibt unsere Lehrkraft ein wichtiger Lernbegleiter. Eine Art Coach, der Struktur und Regeln an die Hand gibt, damit die Lernenden möglichst selbständig arbeiten können. Die Lehrkraft vermittelt uns in gemeinsamen Inputphasen neuen Stoff und erklärt die Lernmöglichkeiten. Dadurch haben wir viel mehr individuelle Lern- und Übungszeit. Im Umkehrschluss gibt es viel Raum für Gespräche, in denen die Lerninhalte in Kleingruppen oder Einzelgesprächen zusammen mit der Lehrkraft vertieft werden können. Wir arbeiten mit einem Wochenplan, der aber nicht für jeden gleich aussieht, weil wir selbst wählen, wann wir welche Aufgaben erledigen. Deswegen heißt unser Wochenplan auch E.V.A. – Plan (eigenverantwortliches Arbeiten).
Der eine möchte vielleicht schon am Anfang der Woche die Matheübungen erledigt haben, während der andere lieber mit Deutsch beginnt. Wir geben unserer Lehrkraft regelmäßig Rückmeldung und bewerten unsere Aufgaben und unser Lern- und Arbeitsverhalten. Im Gegenzug bekommen wir Feedback von der Lehrkraft, das sich aus ihrer genauen Beobachtung und den gemeinsamen Gesprächen ergibt. So lernen wir, unser Lernen schon früh selbst zu organisieren und zu strukturieren und darüber nachzudenken, was für uns persönlich am besten funktioniert.
Das sagen die Schüler und Schülerinnen der Klasse 5a zu unserem „Diedorfermodell“:
„Ich mag die Sitzordnung, weil es nicht so eng ist.“
„Ich finde den E.V.A.-Plan gut, weil ich mehr Zeit habe und selbst entscheiden darf, was ich arbeiten will.“
„Ich finde gut, dass man seinen Sitzplatz frei wählen kann, weil man sich so auch aus dem Weg gehen kann, wenn man sich mal nicht so gut verträgt.“
„Ich finde den E.V.A.- Plan ganz schön anstrengend, weil man so viel selbst denken muss. Aber ich weiß, dass mich das im Leben weiterbringt.“
„Ich finde es gut, dass ich frei wählen kann, mit wem man arbeitet. Ich finde auch den runden Tisch cool.“
„Ich finde gut, dass wir einen E.V.A.-Plan haben und in den EVA-Stunden selbst eintragen können, was wir wann machen. Ich finde es gut, dass wir Selbstkontrolle machen, denn so kann man seine Fehler besser erkennen und daraus lernen.“
„Ich mag die Sitzordnung, weil es viel entspannter ist und nicht so aneinander gequetscht ist.“
Nach diesem Jahr ziehen wir unser Fazit: Wir wollen so weiterlernen! So geht es auch den anderen Klassen, die dieses Modell bereits umsetzen.
Weitere Eindrücke aus den Churermodell-Klassen: